Lea Lublin – Retrospective

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Ich mag diesen Sommer sehr und ja; er ist mir Stellenweise auch zu heiß und deshalb “flüchte” ich, wie so oft an heißen Sommertagen äußerst gerne in klimatisierte Kunsthäuser. Das hat zum einen den Vorteil der eigenen Abkühlung und zum anderen ist ein Kunsterlebnis in aller Ruhe möglich, denn paradoxer Weise sind die Häuser leer – was sich bei Regen dann widerrum schlagartig ändert.

München hält -trotz Sommerferien- ein erstaunliches Repertoire an interessanten Ausstellungen bereit

Und München hält derzeit -trotz Sommerferien- ein erstaunliches Repertoire an interessanten Ausstellungen bereit, sodass ich den heutigen Sonntag für einen Besuch der Retrospektive von Lea Lublin im Kunstbau des Lenbachhauses genutzt habe.

Lea Lublin; eine argentinisch-französische Künstlerin (1929-1999) war mir bisher überhaupt kein Begriff. Nie gehört. Umso schöner, dass das Haus ihr eine Ausstellung widmet und somit wieder ins Gedächtnis ruft. Denn sie gehört zweifelsohne zu den Künstlerinnen, die im Gedächtsnis haften bleiben, allein schon wegen der größe und sinnlichen Erfahrbarkeit ihrer Werke. Eine Ausstellung zum hineinbegeben, im wahrsten Sinne des Wortes.  Bewusstseinserweiternd. Oh ja, ich mag diese Art von Kunst.

….Mit einer Auswahl ihrer wichtigsten Arbeiten aus knapp dreißig Jahren konzentriert sich die Präsentation im Kunstbau auf wesentliche Aspekte in Lublins OEuvre: die Absage an die Malerei und Hinwendung zu interaktiven Environments, die Erklärung des Dialogs zur Kunstform, die Dekonstruktion des künstlerischen Bildes aus psychoanalytischer und feministischer Perspektive und die Recherche zu Marcel Duchamps Aufenthalt in Buenos Aires. Neben Fotografien, Zeichnungen, Wandinstallationen und Videos der Künstlerin können Besucherinnen und Besucher eine Rekonstruktion von Lublins Environment »Fluvio Subtunal« (1969) erleben.

Im Zuge der Ausstellungsorganisation hat das Lenbachhaus zahlreiche wichtige Werke aus dem Pariser Nachlass gesichert und restauriert. Viele Arbeiten sind zum ersten Mal seit 20 Jahren zu sehen. Die Präsentation wird durch Leihgaben aus dem Museum of Modern Art in New York, dem Centre national des arts plastiques, dem Fonds régional d’art contemporain Alsace und der Bibliothèque nationale de France ergänzt…. (Quelle: Pressetext)

Der Besucher kann verschiedene Erlebniszonen, wie ein Wasserbecken, einen aufblasbaren Tunnel, ein Feld aus transparenten aufblasbaren Steh-auf-Hasen, ein Bällebad oder eine Dunkelkammer durchqueren. Auf Zielscheiben schießen, Bildprojektionen durchlaufen. Interaktive Installationen. Kunst zum mitmachen. Herrlich unprätentiös, unbefangen, kindlich. Mehr noch: feministische Aktionen, provokante Fragen wie “Ist Kunst… ein sexuelles Problem?” auf großformatigen Flaggen, die Sie auf öffentlichen Plätzen schwenkte und mit Passanten direkt in Kommunikation trat.

Performancekunst; indem sie mit ihrem wenige Monate alten Sohn Nicolas für ein paar Wochen lang ins Pariser Musée d’Art Moderne de la Ville zog, um vor den Augen der Öffentlichkeit den ganz normalen Alltag von Mutter und Kleinkind zu leben: Windeln wechseln, beruhigen, spielen, stillen.

Darüber hinaus analysierte sie die Erotik der christlichen Malerei, schnitt bekannten Renaissance-Madonnen das nackte Jesuskind vom Schoß, vergrößerte die kleinen Knaben überdimensional, platzierte geometrische abstrakte Formen in blau, rot, gelb und weiße dazu und reagierte damit auf Kasimir Malewitsch schwarzes Quadrat.

Sie beschäftigte sich intensiv mit Marcel Duchamp in Buenos Aires und präsentiert großformatig seine Briefkästen für die Theorie des Readymades. Lublins Ansatz ist kein therapeutischer, sie wollte vielmehr Hierarchien aufbrechen. Ihre Werke hätten auch wunderbar in den Publikumsmagnet MOVE. Kunst und Tanz seit den 60ern im HdK von 2011 gepasst.

Mit kleinen Kindern macht die Ausstellung besonders Freude, da hier ein unbefanger Dialog stattfinden kann, selbstverständlich für den Moment –  ohne Berührungsängste.  Der erhabene Pathos, den die Kunst sonst so mit sich bringt, verschwindet, wenn auch nur für diesen einen Moment. Ganz und gar wunderbar.

Zur Ausstellung ist ein eigener Katalog erschienen und sie ist noch bis zum 13. September, immer Di 10–21 Uhr, Mi bis So 10–18 Uhr zu sehen. Die Kuratorenführungen sind leider schon vorbei.

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