Ein Raum in der Alten Nationalgalerie, gefüllt mit dem 15 teiligen Gemäldezyklus 18. Oktober 1977 von Gerhard Richter in schwarz-weiß, den er 1988 schuf. Drumherum farbige Historienmalerei. Der Schinkelsaal.
Der Zyklus wird hier durch das Werk Decke ergänzt. Zunächst war dieses Gemälde eine weitere Darstellung der Zelle Gudrun Ensslins, mit dem am Fensterkreuz erhängten schemenhaften Körper. Doch übermalte der Künstler diese Szenerie schlussendlich mit weißer Farbe. Es ist eine Decke des Vergessens, der Sprachlosigkeit und womöglich der Unaufklärbarkeit dessen, was in besagter Nacht genau geschah.
Als Museum zeitgenössischer Kunst geplant, wurde die Alte Nationalgalerie zum Ort der vaterländischen Erbauungskunst der wilhelminischen Epoche. Entsprechend beherbergt der Schinkelsaal normalerweise Werke der von Patriotismus geprägten deutschen Romantik nach dem Sieg über Napoleon 1815. Es sind Wunschbilder zwischen Erwartung und Enttäuschung, erfüllt von idealer Landschaft, idealer Antike, idealem Mittelalter, also von der Sehnsucht nach goldenen Zeitaltern mit idealer Gesellschaft und idealem Staat. So stellen Gerhard Richters Gemälde zum Deutschen Herbst im Kontext der Alten Nationalgalerie nicht nur die Frage nach dokumentierbarer Historie und nach der Rolle einer Historienmalerei in der heutigen Kunst. Sie thematisieren auch das schwierige Verhältnis zwischen sozialen Utopien und gesellschaftlicher Wirklichkeit.
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